Wertschätzung konnte bisher nicht konkret trainiert werden. Am Markt gab es keine Dienstleistungen und kein Produkt, das Unternehmen und die Menschen in der Organisation dabei unterstützte, ihr Klima und ihren Umgang Miteinander gezielt und kontrollierbar zu verbessern. Die bisherigen Trainings-Zugänge beschränken sich auf ein traditionelles Workshop-Setting. Um erfolgreich zu sein, braucht es aber aus methodisch-didaktischer Sicht völlig neue, innovative Lernzugänge. Mehrere Ursachen sind dafür verantwortlich.
Aus der systemischen Organisationsentwicklung wissen wir, dass grundsätzlich alle Veränderungsprozesse und im Besonderen Veränderungsprozesse im Unternehmensklima, die bewusst initiiert werden, herausfordernd sind. Sie erfordern nicht nur kommunikative Kompetenzen, sondern auch den Mut, mit unerwarteten Reaktionen umzugehen und sich möglicher Kritik auszusetzen. Ein gemeinsames Wollen der verschiedenen Führungsebenen ist wichtige Basis für ein Gelingen.
Im weitesten Sinne wird unter Wertschätzung am Arbeitsplatz eine Verhaltensweise im täglichen Miteinander verstanden, die man sich von anderen Mitarbeitenden und Führungskräften wünscht. Im Gegensatz zu vielen anderen Maßnahmen, kann Wertschätzung im Betrieb aber nicht von oben verordnet werden. Bei einer top-down-Verordnung von Wertschätzung kommt es zu Widerstand der Mitarbeitenden gegenüber der Maßnahme. Die dahinter stehende – ausgesprochene oder unausgesprochene – Begründung ist, dass zuerst einmal „die da oben“ wertschätzend sein sollen, bevor man sich auf solch ein Projekt einlässt. Wertschätzung zu initiieren und dauerhaft am Laufen zu halten, kann demnach nur funktionieren, wenn sie freiwillig erbracht werden darf und als Maßnahme erlebt wird, die von allen Hierarchien auf Augenhöhe mitgetragen wird.
Unternehmen stehen immer wieder vor dem Problem, etwas für ihre Unternehmenskultur machen zu wollen, aber am Widerstand der Führungskräfte scheitern. Wenn davon die Rede ist, die Wertschätzung in den Teams fördern zu wollen, sehen dies viele Führungskräfte (vor allem der mittlernen Ebene) als implizierten Vorwurf, schlechte Führungsarbeit zu leisten und sich zu wenig um die Stimmung im Team gekümmert zu haben. Diese Reaktion ist ernst zu nehmen. Es ist daher wichtig und ein Erfolgsfaktor, die Führungskräfte in einer sehr frühen Phase in das Projekt zu involvieren und sie zu stärken. Wertschätzung ist Führungsaufgabe, aber Wertschätzung kein weiteres To-Do, das auf die Agenda der Führungskraft kommt.