Am Donnerstag habe ich die Wertschätzungs-Ausstellung bei einem großen, Konzern-geführten Unternehmen in Wien präsentiert. Ich liebe alle Gelegenheiten, bei denen ich über unser Produkt sprechen kann. Üblicherweise beginne ich solche Präsentationen damit, dass ich über die Bedeutung von Wertschätzung im Arbeitskontext spreche. Auch am Donnerstag. Ich habe darüber gesprochen, dass ich mich wundere, dass die aktive Förderung von Wertschätzung noch immer kein fester Bestandteil in den meisten Unternehmen ist. Die Forschungsergebnisse aus unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaft – u.a. aus der Arbeitspsychologie und der Neurobiologie – verdeutlichen, dass erlebte Wertschätzung am Arbeitsplatz ein zentraler Erfolgsfaktor ist. An diesem Tag in Wien habe ich auch Joachim Bauer zitiert. Bauer ist Neurobiologe und bekannter Autor zahlreicher Sachbücher (z.B. Das Gedächtnis des Körpers, 2004 oder Arbeit, 2013). Er meint: das zentrale Motiv des Menschen überhaupt zur Arbeit zu gehen, ist die Aussicht auf Wertschätzung am Arbeitsplatz. Eine These, die meiner Erfahrung nach sehr kontroversiell aufgenommen wird und an der sich schnell lebhafte Diskussionen entwickeln.
Am Donnerstag zitierte ich wieder einmal Bauer und als ich in die Gesichter der Zuhörenden blickte, bemerkte ich, dass es einer Abteilungs-Leiterin regelrecht unter den Nägeln brannte. Es war ihr offensichtlich wichtig, sofort zu Wort zu kommen. Mit einiger Emotion sagte sie: „Ich kann das alles unterschreiben, was Sie gesagt haben. Und sie können mir glauben, dass mir die Bedeutung des Themas bewusst ist.“ Was ihr aber nicht klar sei, was mit Wertschätzung eigentlich gemeint sei. „Ich höre immer wieder von Mitarbeitenden, dass sie mehr Wertschätzung wollen – aber was genau?“, sagte sie. Sofort entwickelte sich eine intensive Diskussion unter den Anwesenden darüber, was alles als Wertschätzung am Arbeitsplatz empfunden wird. Ich war erstaunt, wie intensiv aber gleichzeitig offen gesprochen wurde. In diesen wenigen Gesprächs-Minuten haben wir alle erlebt, wie vielschichtig, ja oft sogar schwammig, der Begriff „Wertschätzung“ verwendet wird.
„Was meinst Du, wenn Du von Wertschätzung sprichst?“ Die Klärung dieser Frage ist aus meiner Sicht eine Grundvoraussetzung dafür, dass man konkret auf die Bedürfnisse des anderen am Arbeitsplatz eingehen kann. Für den einen ist Wertschätzung, wenn sich der Kollege Zeit für ein Feedback nimmt. Für die andere ist Wertschätzung, wenn sie gefragt wird, wie es ihr geht. Seit Jahren beschäftige ich mich mit Wertschätzung in der Arbeit. Vielleicht ist ja jetzt der richtige Zeitpunkt, einen Plan von mir zu verwirklichen, nämlich die Beschreibungen von Wertschätzung im Web zusammen zu fassen.
Egal ob Mitarbeiter/in, Führungskraft oder Unternehmer/in – das Thema Wertschätzung emotionalisiert. Die Vielschichtigkeit des Begriffes erfordert es aber, dass man dem anderen die Chance gibt zu verstehen, was man meint, wenn man sagt: „Ich hätte gerne mehr Wertschätzung“. Sonst bleibt Wertschätzung in den Augen vieler ein „Totschlagargument“.
Was ist für Sie Wertschätzung am Arbeitsplatz? Ich bin gespannt!
Herzliche Grüße!
Florian Simon